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Dummheit?
(von Daniel Benkmann, worm@daniworm.de)

Ich weiss nicht, wie das in anderen Gruppen so ist (wahrscheinlich total anders), aber meine Gruppe besteht schon aus ziemlichen Genies (Das ist Sarkasmus, Roland! :-)). Man kann nicht sagen, dass die Leute in meiner Gruppe dumm sind (andererseits kann man das schon sagen, aber dann wäre ich als Spielleiter wohl nicht mehr so beliebt), aber manchmal sind sie schon etwas ... ääh ... begriffsstutzig oder verhalten sich etwas bescheuert.

Neben Aktionen wie die, die ich in Teamwork beschrieben habe, produzieren die Gehirne meiner lieben Spieler nämlich schon manchmal seltsame Schlussfolgerungen. Nehmen wir gleich mal ein Beispiel, das sich just am heutigen Tage zugetragen hat, um meine Aussage (die mir bis jetzt selber noch nicht ganz klar ist) zu veranschaulichen. Und zwar war das so: Aus hier nicht näher genannten Gründen (vielleicht will ja noch jemand das Abenteuer spielen) wurden die Helden in einen Hühnerstall gerufen, in dem fast alle Hühner tot am Boden lagen. Die Aufgabe der Helden war es nun, diese rätselhafte Begebenheit aufzuklären.

Nachdem sie schnell die Hühner auf äußere Gewalteinwirkung untersucht hatten und dabei nichts fanden, setzte dann leider das Gehirn meiner Spieler auch schon aus. Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Drei Spieler hocken am Tisch, den Kopf auf die Hand gestützt, hängen ihren Gedanken nach und geben vielleicht ab und zu mal unzusammenhängende Sätze von sich (Achtung, Dramatisierung!). Nachdem der Spielleiter die Spieler in Form eines drängenden NPCs darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie doch mal was unternehmen sollen, schaltet sich das Gehirn der Spieler dann doch wieder ein - doch leider nicht so wie erwartet.

Statt nach einer Lösung zu suchen, erweisen sich die Spieler als wahre Meister im "So tun als ob". Orginalzitat: "Ich geh mal ein bißchen um den Stall herum und betrachte interessiert die Wände, damit der Kerl denkt ich tue was." Währenddessen offenbart der Magier dem NPC seine Theorie, daß hier eventuell ein "Ritual der Herrschaft" eines Druiden im Spiel war, der die Hühner getötet hat (fragt mich bitte nicht, wo der Sinn dieser Theorie liegt).

Nachdem ich genervt zweimal meinen Kopf auf den Tisch gehauen hatte und die Spieler darauf aufmerksam gemacht hatte, doch mal ihr Gehirn zu benutzen, kamen dann doch noch so sinnvolle Theorien wie "Die Hühner wurden alle ertränkt!" heraus (Natürlich wäre ohne einen Hinweis meinerseits keiner der Spieler darauf gekommen, doch mal zu überprüfen, ob die Hühner nass sind).

Nachdem die Ertrinken-Theorie widerlegt war, kamen meine Spieler dann doch schon ins Grübeln und griffen tief in die Trickkiste. Da wurden die armen Hühner "von einem Fulminictus (Kampfzauber) gegrillt" oder ihnen wurde auf seltsame Weise von einem hinterlistigen Hühnermagier "die Lebenskraft entzogen" (meine Lieblingstheorie ;-). Der geniale Vorschlag eines hier nicht näher erwähnten Spielers (nennen wir ihn einfach mal... hmmm, zum Beispiel "Roland" 8-)), dass doch der Magier den anwesenden Schweinen im Stall, die ja offensichtlich "Tatzeugen" gewesen sein müssen, mittels Magie eine Zeugenaussage entlocken solle, war leider auch nicht so das Wahre. Schließlich sind die Spieler dann aber doch auf die banale aber richtige Idee gekommen, dass einfach das Futter der Tiere vergiftet wurde.

Dies ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass meine Spieler manchmal einfach einen Aussetzer haben. Aber es passiert wirklich oft, dass die Spieler auf die kompliziertesten Sachen kommen (von denen ich manchmal nie gedacht hätte, dass die Spieler darauf kommen) aber bei den einfachsten Rätseln versagen. Ein äußerst interessantes Phänomen, das vielleicht darin begründet liegt, dass uns in der Schule so viele komplexe Gedankengänge eingetrichtert werden, dass wir gar nicht mehr in der Lage sind, einfache Sachen zu begreifen (Was bin ich wieder sozialkritisch heute! Unser lieber Mathelehrer wollte uns zwar immer das "logische Denken" beibringen, aber ich als Spielleiter muss leider feststellen, wie wenig das bei meinen Spielern gefruchtet hat).

Und natürlich liegt es auch wieder daran, worauf sämtliche Probleme des Rollenspieluniversums zurückzuführen sind: am schlechten Rollenspiel. Würden sich die Spieler wirklich in ihre Charaktere hineinversetzen können, dann würden sie wahrscheinlich auch auf naheliegendere Problemlösungen kommen (z.B. auf das Futter da hinten in der Ecke mit den seltsamen schwarzen Körnern drin), anstatt über irgendwelche abstrusen Dinge zu theoretisieren.

Oder fehlt es den Spielern eben doch einfach an Intelligenz?


© 1997 / 2001 by Daniel "Worm" Benkmann

 

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