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Eine neue Rollenspielsession, ein neuer Grund mich wieder zu produzieren.
Fangen wir am besten gleich mit einem einfachen Beispiel an, das ich bei
unserer letzten DSA-Session genau so erlebt habe (ich war wie immer Meister).
Die Helden waren mit einer Kutsche unterwegs und hatten auf Grund eines
Mißgeschicks des Fahrers (Hallo, Roland ;-) einen kleinen Unfall,
der die Kutsche in einen beschädigten und nicht mehr fahrtüchtigen
Zustand versetzte. Nachdem sich jeder Held einzeln (weil man natürlich
dem zwergischen Fachmann nicht vertraute und sich nur auf seine eigene
Meinung verließ) versichert hatte, daß die Kutsche nicht mit
ihren Mitteln repariert werden konnte, stellte sich nun die Frage, wie
es weitergehen sollte. Es war mitten im kältesten Winter, die Kutsche
war nur geliehen, es war kurz vor Sonnenuntergang und das nächste
Dorf war über eine Stunde entfernt.
Und da ging die große Diskussion
auch schon los: Der eine wollte die Kutsche sowieso schon die ganze Zeit
loswerden, der andere warf ein, daß sie keine Reitpferde hätten
und nicht zu Fuß gehen könnten, der nächste konnte gar
nicht reiten, usw. Zumindest entstand eine heftige Debatte. Es wurden zwar
auch vernünftige Vorschläge vorgebracht, aber die Heldengruppe
konnte absolut zu keiner Einigung kommen.
Nach einigen Verwirrungen und
einer verzweifelten Aktion der Rondrageweihten mitten in der Nacht im nächsten
Dorf einen Ersatz für die Kutsche aufzutreiben, war schließlich
ein Punkt erreicht, an dem sich Zwerg und Rondrageweihte daran machten
eine Tragvorrichtung für die Kutsche zu konstruieren, Magier und Krieger
ins nächste Dorf ritten um Hilfe zu holen und der Medicus sich in
der Kutsche schlafen legte, und das alles, weil die Gruppe einfach zu keiner
Einigung gekommen war. Als Magier und Krieger schließlich nach mehreren
Stunden mit Hilfe wiederkommen, sind Zwerg und Rondrageweihte gerade nach
stundenlanger Holzfällerei und Konstruktion mit ihrer Tragevorrichtung
fertig, die jetzt natürlich absolut unnütz ist. Der Magier beginnt
zu lachen ob der lächerlichen Situation, worauf der Zwerg ihn beleidigt
als Schwarzmagier bezeichnet. Diese Beleidigung kann der Weissmagier natürlich
nicht auf sich sitzen lassen und beginnt sogleich einen Hruruzat-Kick auf
den Zwerg zu zielen, woraufhin sich die Rondrageweihte zwischen die beiden
wirft. Glücklicherweise konnte der Meister die Situation noch unter
Kontrolle bringen, bevor sich die Helden alle gegenseitig abgeschlachtet
hätten. Erst nach längerer Aussprache unter Leitung des Meisters
konnte das Spiel wieder aufgenommen werden.
Nun ja, lange Rede, kurzer Sinn. Ich weiß nicht, ob es in anderen
Gruppen auch dieses Problem gibt, aber meine Spieler (und wegen schlechtem
Rollenspiel leider auch die Charaktere) können sich nie einigen. Jeder
bringt immer seinen eigenen Vorschlag vor und will ihn ums verrecken in
die Tat umsetzen. Das hat natürlich zur Folge, daß heftige Diskussionen
und Streiterein entstehen, die das Rollenspiel empfindlich stören.
Es ist schon interessant zu beobachten, wie sich die besten Freunde (im
wirklichen Leben) im Rollenspiel plötzlich die härtesten Beleidigungen
an den Kopf werfen. Allerdings ist es schwachsinnig, wenn sich die Mitglieder
einer Gruppe ständig zerstreiten und kurz davor stehen sich gegenseitig
die Köpfe einzuschlagen, schließlich sind sie ja eine Gruppe,
die gemeinsam durch das Land zieht und Abenteuer besteht. Warum sollte
irgendjemand in einer Gruppe mitlaufen, in der er nur Streit hat und in
der seine Meinung nicht akzeptiert wird? Gäbe es meine Heldengruppe
im wirklichen Leben, so hätte sie sich wohl schon längst aufgelöst.
Gerade bei Shadowrun ist das wichtig, da man jedem Mitglied seiner Gruppe
vertrauen und sich hundertprozentig auf ihn verlassen können muß.
Deshalb haben wir auch unsere alte Shadowrungruppe aufgelöst, weil
unsere Charaktere sich immer so sehr zerstritten haben, daß keiner
mehr sicher sein konnte, ob ihm der andere auch wirklich Rückendeckung
geben würde. Wie denn auch, wenn wir selbst fast davorstanden, uns
gegenseitig umzubringen?
Deshalb ist es für das Rollenspiel essentiell
wichtig, daß sich die Charaktere (unabhängig von den Spielern)
gut verstehen oder zumindest die Meinung des anderen akzeptieren. Es mag
vielleicht in einer Gruppe kleinere Sticheleien zwischen einigen Charakteren
geben (wie zum Beispiel Elfen und Zwerge), aber im Endeffekt sollten sich
die Charaktere doch mögen und vielleicht sogar enge Freunde werden.
Das verleiht dem Rollenspiel eine ganz andere Dimension und außerdem
beschleunigt es auch das Spiel ungemein, wenn solche dämlichen Diskussionen
wegfallen.
Überdies sollten die Spieler einmal versuchen, ihre Entscheidungen
auf Grund rollenspielerischer Überlegungen zu treffen und nicht weil
sie meinen, daß ihre Lösung die beste ist. Warum sollte zum
Beispiel der Medicus widersprechen, wenn der Zwerg sagt, daß die
Kutsche so repariert werden muß, auch wenn der Spieler des Medicus'
meint, daß seine Methode besser ist (was sie vielleicht in Wirklichkeit
auch ist)?
Ach ja, wenn die Spieler bloß alle richtig rollenspielen
würden, dann würden eigentlich alle nervigen Probleme wie dieses
vom Erdboden verschwinden und ich müßte nicht irgendwelche wirren
Texte produzieren, um diese Bürde von meinem Geist zu nehmen...
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