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Ich könnte wirklich ein dutzend "Dummheit?"-Artikel
verfassen und ich bedaure fast schon, daß ich dort das noch minder
dumme Beispiel vom Hühnerstall herangezogen habe, denn bei unseren
letzten Sitzungen haben meine Spieler noch ein paar um einiges blödere
Aktionen (oder sollte ich sagen "Reaktionen") fabriziert, die eigentlich
schon reif fürs Guinness-Buch der Rekorde als "Dümmste Spieleraktionen
der Rollenspielgeschichte" sind. Und selbst wenn es meine Spieler im Nachhinein
immer verstehen sich irgendeine hirnrissige Rechtfertigung einfallen zu
lassen (wie die Gegenartikel zu "Dummheit?"), kann ich wohl guten Gewissens
sagen, daß sie, wenn es um logisches Handeln geht, nicht gerade Weltmeister
sind (noch nicht einmal Regionalmeister). Das Schlimme ist ja, daß
ich meine Spieler fortwährend in meinen Artikeln beleidige (wie jetzt
auch gerade), aber sie trotzdem nichts daraus lernen (und wir deswegen
auch immer noch an demselben Abenteuer rumspielen). Naja, dann geht mir
wenigstens nicht der Stoff zum Schreiben aus. (In letzter Zeit entwickle
ich einen regelrechten Haß auf meine Spieler, weswegen ich beschlossen
habe endlich mal wieder selber zu spielen und wenigstens kurz das meistern
zu vernachlässigen.)
Heute will ich mich mit etwas befassen, das mir während dem ganzen
Abenteuer, das wir gerade leider immer noch spielen, aufgefallen ist, und
ich werde es in meiner mir so eigenen Art mal wieder gnadenlos verallgemeinern
und als schlechtes Rollenspiel bezeichnen. Es geht um die vom armen, leidgeplagten
Meister (oder Spielleiter für alle DSA-Hasser, von denen es leider
sehr viele gibt) geführten Meisterpersonen oder Nichtspielercharaktere
und ihre Beziehungen zu den Spielercharakteren.
Fangen wir am besten wieder mit einem aktuellen Beispiel an: Meine Spieler
treffen also im besagten Abenteuer (langsam frage ich mich, ob wir je ein
anderes gespielt haben) auf einige höherrangige Praiosgeweihte, die
sich ja bekanntermaßen durch ihre Strenge und ihre Engstirnigkeit
auszeichnen, weshalb auch 99 Prozent der Bevölkerung vor ihnen Schiss
haben, gerade auch weil sie durchaus über weltliche Macht verfügen.
Na, ihr wisst bestimmt schon, auf was ich hinaus will: Meine Spieler zählen
sich zu den anderen 1 Prozent der Bevölkerung und scheren sich nicht
die Bohne darum, wer da vor ihnen steht, dabei gebe ich mir als Meister
wirklich Mühe, die Kerle autoritär wirken zu lassen und drohe
den Spielern sogar wegen ihrer Respektlosigkeit mit "Konsequenzen" (die
schließlich für unseren Magier auch eintraten). Aber die Spieler
kümmert das herzlich wenig und sie widersprechen den Praiosgeweihten
(darunter einer wirklichen hohen Ranges - das ist so als würdest du
dem Papst widersprechen) und scheren sich wenig um ihre Anweisungen.
Nun, ich sehe durchaus ein, daß die Helden nicht ganz mit der
autoritären Art der Geweihten zurecht kommen und es ist auch durchaus
beabsichtigt, daß sie im Verborgenen gegen die Bestimmungen verstoßen,
da sie sonst kaum weiterkommen würden, aber darum geht es ja gar nicht.
Es geht um die Art, wie die Helden oder besser die Spieler auf gewisse
Meisterpersonen reagieren. Später in dem Abenteuer treffen die Spieler
auf einen mächtigen Druiden, dessen Macht sie bereits zuvor mehrmals
erleben durften und dessen Ruf legendär ist. Aber anstatt in Ehrfurcht
zu erstarren und das Gegenüber vorsichtig zu sondieren, fangen sie
sogleich an, ihn mit Fragen zu bewerfen und geben mir als Meister das Gefühl,
als würde ich gerade den dummen Strassenjungen von nebenan verkörpern.
Traurig aber wahr - dieses Verhalten beweist mir mal wieder, daß
meine Spieler keine besonders guten Rollenspieler sind. Als gute Rollenspieler
müßten sie sich in die Person, die sie gerade verkörpern,
hineinversetzen können und auch NSCs durch die Augen ihres Charakters
sehen. Und der würde sich bestimmt nicht einem Praiosgeweihten gegenüber
respektlos verhalten oder vor dem bösen Schwarzmagier keine Angst
haben. Das ist genauso wie im wirklichen Leben. Da würde ich mich
dem Dalaih Lama (oder wie man den schreibt) gegenüber auch nicht einfach
so respektlos verhalten, selbst wenn ich seinen Glauben nicht teile, ganz
zu schweigen von einigen Personen, die eine dermaßen große
natürliche Autorität besitzen (wie unser Mathelehrer), daß
ich von vorneherein meinen Mund halte.
Das Problem beim Rollenspiel ist, daß der Meister alle diese Personen
verkörpern muß und niemand kann erwarten, daß er ein genialer
Schauspieler ist oder daß er als Knirps im wirklichen Leben plötzlich
furchteinflößend wirken kann. Es ist eindeutig die Aufgabe der
Spieler dem Meister dabei zu helfen, die NSCs möglichst realistisch
darzustellen (besonders, wenn der Meister mehrere NSCs gleichzeitig führen
muß) und das kann der eben nur, wenn sie auf die entsprechende Person
richtig reagieren. Also den dahergelaufenen Bettler mit Abscheu oder ein
bißchen Mitleid betrachten und vor dem Kaiser nur herumdrucksen und
nicht wagen das Wort zu erheben, wenn man nicht gefragt ist.
Die Spieler müssen sich eben klar machen, daß der Kerl da
vor ihnen nicht ihr alter Kumpel Otto Normalverbraucher ist, sondern Conan,
der schnellste Hamburgerweitwerfer der ganzen Welt. Es hat absolut keinen
Sinn, wenn sich der Meister Mühe gibt und seinen NSC autoritär
wirken lassen will, wenn die Spieler ihm ein gelassenes "Reg dich ab, Alter!"
entgegenschleudern. Natürlich kommt es bei der Art, wie ein Spieler
auf einen NSC reagieren sollte, auf seinen Charaktertyp an, aber selbst
der respektloseste Prolocharakter (nicht -spieler) wird sich einem
Taschendieb gegenüber nicht genauso verhalten wie gegenüber "Stampfkeule",
dem halbgöttlichen Mischlingswesen zwischen Hund und Hamster, das
die halbe Welt beherrscht.
Die Interaktion mit NSCs ist eines der wichtigsten Dinge überhaupt
beim Rollenspiel (wenn nicht das wichtigste) und wenn die Spieler
dort versagen, dann kann man gleich eine Partie Mensch Ärgere Dich
Nicht spielen.
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