Worm's Homepage / Anime

Jeanne, die Kamikaze-Diebin

jap. Originaltitel:

Kamikaze Kaitou Jeanne

Produktionszeit:

1999

Genre:

Magical Girl

Series Concept:

Masahiro Tomita, nach den Mangas von Arina Tanemura

Regie:

Atsunobu Umezawa

Character Design:

Hisashi Kagawa

Laufzeit:

44 Folgen à ca. 23 Minuten

Review-Version:

Ausstrahlung der deutsch synchronisierten Fassung auf RTL 2



Die Handlung

Jeanne imitiert John Travolta (vielleicht fängt sie aber auch einen Dämonen) Das Leben ist nicht leicht für Maron Kusakabe. Sie lebt ganz allein, von ihren Eltern hat sie seit Jahren nichts gesehen oder gehört und allzu viele enge Freunde hat sie auch nicht. Zwar lässt sie sich äußerlich nichts anmerken, aber innerlich wird sie von ihrer Einsamkeit langsam aber sicher zerfressen. Ach ja, habe ich schon erwähnt, dass Maron die Reinkarnation von Jeanne d'Arc ist (im deutschen Sprachraum auch unter dem Namen "Johanna von Orleans" bekannt) und böse Dämonen jagen muss? Und zwar indem sie eine Art Reißzwecke auf sie schmeißt und dabei laut "Schachmatt" ruft? Tja, und ich dachte immer, ich hätte Probleme! ;-)

Unterstützt wird Maron vom reizenden Engel-Azubi Fin, die nicht müde wird in der Gegend herumzuflattern und immer wieder neue Dämonen aufzuspüren. Außerdem kann sich Maron dank Fins himmlischen Kräften in Nullzeit umziehen und die Haare färben (In Magical Girl Fachkreisen ist diese Prozedur auch als "Verwandlung" bekannt), so dass sie selbstverständlich niemand mehr erkennt (der sogenannte "Clark Kent Effekt"). Im Namen des Herrn macht sich Maron aka "Jeanne, die Kamikaze-Diebin" in ihrem tollen Outfit dann auf, um Dämonen, die sich mit Vorliebe in Kunstgegenständen verstecken und einen üblen Einfluss auf die Menschen in ihrer Gegend ausüben, in weiße Schachfiguren zu verwandeln. Dadurch sollen laut Fins Aussage die Kräfte Gottes gestärkt und diejenigen des "Bösen Königs" geschwächt werden.

Sindbad Erschwert wird Marons heilige Mission vor allem von ihrer besten Freundin Miyako, die unglücklicherweise die Tochter des Leiters der Polizei-Sonderkommission "Jeanne" ist. Die Polizei, die nichts von den Dämonen weiß, hat natürlich was dagegen, dass Jeanne im Zuge ihrer Dämonenjagd die wertvollen Kunstgegenstände, die von den Dämonen besessen sind, verschwinden lässt, und tut ihr Bestes (was allerdings nicht sehr viel ist) um Jeanne aufzuhalten.

Und als wäre das alles noch nicht genug, mischt sich auch noch ein Typ namens "Sindbad" ein, der offensichtlich selber hinter den Dämonen her ist und Jeanne immer wieder in die Quere kommt. Was sind wohl seine Absichten? Arbeitet er etwa für den Bösen König?

Wie es der Zufall so will, taucht just zur selben Zeit wie Sindbad ein neuer Schüler in Marons Klasse auf: Chiaki, ein Playboy wie er im Buche steht. Und auch wenn es sich Maron zuerst nicht eingestehen will, so entwickelt sie doch ganz langsam sehr tiefe Gefühle für ihn...

Meine Meinung

Fin Für mich war "Jeanne, die Kamikaze-Diebin" eine herbe Enttäuschung. Engel, Gott, der "Böse König", Reinkarnation, Dämonen, sehr schönes Character-Design und eine Geschichte um Liebe, Freundschaft, Vertrauen, Verrat und Glauben gepaart mit ausreichend Action-Elementen - eigentlich hätte die Serie alle Zutaten gehabt um ein absoluter Klassiker zu werden. Herausgekommen ist leider nur eine stellenweise leicht überdurchschnittliche aber im Prinzip herkömmliche Magical Girl Serie mit wenigen Stärken und vielen Schwächen. Beim Ansehen der Serie hatte ich oft das Gefühl, dass die Macher mit dem hochwertigen Stoff, denen ihnen Manga-Autorin Arina Tanemura da in die Hände gelegt hatte, nichts anfangen konnten bzw. dass sie ihn krampfhaft auf eine jüngere Zielgruppe zuschneiden und in das unpassende Korsett einer stark episodenhaften TV-Serie zwängen wollten.

Immer wieder schimmert im Verlauf der Serie ein Hauch Genialität durch - sei es die im Prinzip durchaus faszinierende Geschichte, die oftmals gute Bildkomposition oder die wunderschöne Verwandlungssequenz der zweiten Staffel - der dann allerdings sogleich wieder in der starken Schemahaftigkeit des Handlungsverlaufes einer Folge erstickt wird. Insbesondere in der 1. Staffel (Folgen 1 - 27) laufen eigentlich 90 Prozent der Folgen absolut gleich ab.

Miyako, Maron und Chiaki Vielzusehr konzentriert sich die Serie auf die relativ unspektakulär in Szene gesetzte (aufregender als das, was man im Vorspann sieht, wird's in der Regel nicht) Hatz nach den Dämonen, die meist keinerlei Besonderheiten aufweisen bis auf das Objekt, dass sie besessen haben. Zudem wird der Kampf mit ihnen oftmals unnötig in die Länge gezogen und man fragt sich das eine oder andere Mal, warum Jeanne nicht schon viel früher ihren Pin (bzw. später ihre Bänder) einsetzt um dem Spuk endlich ein Ende zu bereiten. Überdies kommt es hier zu einigen Inkonsistenzen, wenn Jeanne und Sindbad in der einen Folge noch ein Riesentheater darum machen, dass sie ja nicht ihren Pin verlieren, andererseits Sindbad in späteren Folgen dann ein wahres Dauerfeuer an Pins abschießt.
Die Versuche der Polizei, Jeanne zu fangen, und Miyakos Fallen sind zwar immer recht witzig, werden aber genauso unspektakulär wie das Dämonenfangen aufgelöst. Im Großteil der Fälle zückt Jeanne einfach ihren "Wunderball" und die Sache ist gegessen.

Die eigentlich interessante Hintergrundstory wird dabei ziemlich vernachlässigt und kommt nur äußerst schleppend in die Gänge. Richtig interessant wird's erst so ab der zweiten Staffel, die sich dann auch teilweise dramatisch von der 1. Staffel unterscheidet, neue Antagonisten einführt und allgemein wesentlich düsterer wirkt. Aber auch hier gibt es wieder zu viele "Filler"-Episoden, die nichts weiter als eine Variante des üblichen Folgenschemas der 1. Staffel darstellen und den Zuschauer eher langweilen als vor den Bildschirm fesseln.

Chiaki Insgesamt gesehen hätte es der Serie verdammt gut getan, wenn man sie um ca. die Hälfte der Folgen gekürzt und sich mehr auf die folgenüberspannende Handlung und die Ausarbeitung der Charaktere konzentriert hätte. Denn auch deren Glaubwürdigkeit hat stark unter der Länge der Serie zu leiden. Die meiste Zeit treten Maron, Chiaki und Co. auf der Stelle, was die Entwicklung ihrer Beziehungen oder ihrer Persönlichkeit betrifft. Wenn zum Beispiel Jeanne zum zwanzigsten Mal von Sindbad gerettet wird und trotzdem noch felsenfest davon überzeugt ist, dass er ihr Feind sei, dann wird es einfach lächerlich. Auch sonst ist das Verhalten der Charaktere einige Male nur schwer nachvollziehbar, was es dem Zuseher schwer macht, eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Aber anstatt die Zeit zu nutzen um die Charaktere eingehender zu beleuchten und ihre Motivationen darzulegen wirft man dem Zuschauer lieber den nächsten Standard-Dämon vor die Füße. Nein, so macht das keinen Spaß.

An vielen Stellen wirkt die Serie außerdem extrem szenenhaft und lässt eine innere Konsistenz vermissen. Ein Beispiel: Vor Marons Nase fährt ein Auto mit einem kranken Jungen darin ab ins Krankenhaus. In der nächsten Szene läuft Maron plötzlich neben der Trage des Jungen her, der eilig ins OP gebracht wird. Wie ist Maron so schnell dahin gekommen, obwohl ihr kein Auto zur Verfügung stand und das Krankenhaus recht weit entfernt war? Solche eher abrupten Sprünge von Zeit und Ort gibt es häufiger und lassen das Geschehen teilweise wie eine zusammenhanglose Abfolge von einzelnen Szenen wirken, der irgendwie der logische innere Zusammenhalt fehlt. Manchmal fragt man sich auch, warum gewisse Szenen überhaupt vorhanden sind, obwohl ihre Implikationen später nicht weiter verfolgt werden. Die Drehbuchautoren haben meiner Meinung nach keine sehr gute Arbeit geleistet, sondern präsentieren einem ein ziemliches Flickschusterwerk aus guten Ansätzen und altbekannten Klischees - ohne eins von beiden konsistent gut umzusetzen.

Jeanne Auch die Dialoge können nicht überzeugen. Sehr häufig hat man das Gefühl als würden die Charaktere aneinander vorbei reden. Dieser Eindruck kann aber sicherlich auch an einer schlechten deutschen Übersetzung und/oder Dialogregie liegen. Tatsächlich sind die deutschen Sprecher aber ganz brauchbar und passen auch halbwegs zu ihren Rollen. Aber an ihrem Zusammenspiel und den Dialogen im Allgemeinen hätte man noch einiges feilen müssen. Ebenso wie die Handlung wirkt hier alles viel zu sehr aufgesetzt. Unverständlich auch Szenen wie die, wo Chiaki erstaunt "Das ist ja Maron!" sagt, obwohl er schon seit der ersten Folge weiß, dass Jeanne dieselbe Person wie Maron ist. Oder auch die Szene, wo Jeanne ebenso überrascht "Yamato, was macht der denn hier?" sagt, obwohl sie sich selber gerade eben erst als Maron mit ihm an diesem Ort verabredet hat. Alles in allem würde ich die deutsche Synchronisation aufgrund solcher Konsistenzfehler nicht als gut bezeichnen. Wobei es wie gesagt auch sein könnte, dass die japanische Fassung dieselben Mängel aufweist - was die Serie freilich auch nicht besser macht.

Einzig und allein die letzten Folgen der zweiten Staffel konnten mich überzeugen, auch wenn sie immer noch weit davon entfernt waren perfekt zu sein (und die allerletzte Szene der allerletzten Folge ist einfach nur überflüssig und schlecht). Hier rückt endlich die übergreifende Handlung rund um die Reinkarnation Jeanne d'Arcs, dem Bösen König und Gott in den Vordergrund und weiß zu faszinieren. Die Frage, die man sich aber stellen muss, ist, ob es sich wegen ca. 10 guter Folgen lohnt (einige wenige davon durchaus auch in der 1. Staffel), 34 eher mittelmäßige Folgen zu ertragen. Ich zumindest finde dieses Verhältnis zu schlecht um an dieser Stelle eine klare Empfehlung zugunsten der Serie aussprechen zu können.

Fazit: Unterm Strich ist "Jeanne, die Kamikaze-Diebin" eine Serie, die eigentlich sehr unterhaltsam hätte sein können, hätte mir nicht jede Minute der Anblick des so offensichtlich verschenkten Potentials in der Seele geschmerzt. Die von der Serie angepeilte und vielleicht nicht so kritische Zielgruppe (Mädchen um die 15) mag aber dennoch ihren Spaß am klassischen Magical Girl Schema, gewürzt mir ein paar wirklich guten aber nicht ausgereizten Story-Elementen, haben. Ich persönlich würde hingegen jedem empfehlen sich lieber den weitaus interessanteren Manga zu besorgen oder sich besseren Magical Girl Serien wie etwa "Wedding Peach" zuzuwenden.


Yellow Ball

Im Forum über diese Kritik diskutieren



© 2001 by Daniel "Worm" Benkmann
Adresse dieser Seite: http://anime.daniworm.de/rev-jeanne.htm