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Das Mysterium der krampfhaften Nahrungsaufnahme
(von Holger "Twopaccer" Krüger, webmaster@rollenspiel-online.de)

Mir ist leider kein so reißerischer Titel eingefallen wie die anderen, die auf dieser Seite zu finden sind, aber sei's drum. Wem ein besserer Titel zu dem Thema einfällt, der kann sich ja bei mir melden. Dafür muß er aber erst das hier lesen :-)

Es gibt in einer Rollenspielrunde genau zwei Leidtragende: Den Meister und denjenigen, bei dem gespielt wird. Über den armen Meister haben wir uns ja schon ausgiebig ausgelassen, kommen wir also zu dem "Gastgeber".
Wie wird man eigentlich Gastgeber? Nun, beim Meister ist es eigentlich immer so, daß keiner den Job machen will (die Gründe sind hinreichend bekannt) und dann wird es derjenige, der es am wenigsten nicht will oder derjenige, der am längsten vollgebabbelt (auch ein tolles Wort!) wird. Beim Gastgeber ist es genauso. Da werden Gründe ausgepackt, die die sonst oft fehlende Phantasie der Beteiligten unter Beweis stellen. Hier nur einige:

  • In meinem Zimmer ist nicht genug Platz und im Wohnzimmer wird heute geputzt.
  • Meine Eltern haben es nicht gern, wenn Fremde ins Haus kommen – Wir sind doch nicht fremd! – Seit dem letzten Rollenspiel bei mir schon ...
  • Oh je, ich habe gar nichts eingekauft und wir haben auch nichts daheim.
  • Ich habe eine Couch, wenn da Würfel runter rollen bekommt man sie NIE MEHR vor.
  • *drohend*: Wenn wir bei mir spielen, koche ich. Und ihr eßt es. ALLES! Ihr wißt wie ich koche?

Ich (und ihr sicher auch) könnte diese Liste noch ein paar Seiten lang fortsetzen.

Hat man die sonst genügsamen, schüchternen Rollenspieler in seinem Allerheiligsten sitzen – ich spreche von dem Wohnzimmer mit der Ledercouch! – kommt spätestens 10 Minuten nachdem man mit dem Abenteuer angefangen hat ein "Ich hab Durst", und ca. eine halbe Stunde später (ich hab das mal gestoppt) noch ein "Ich hab Hunger" hinzu. Jetzt ist der Gastgeber kaum noch für das Spiel wichtig, er soll, möglichst schnell natürlich, Verlangtes herbeizaubern. Sollte der Gastgeber mit Argumenten wie "Ihr habt mir schon genug weggefressen/-soffen" oder "Ich will auch weiter spielen und nichts verpassen" kommen, dann kann es passieren, daß plötzlich Monster auftauchen, die nur die Figur des Gastgebers angreifen. Wenn dieser dann kampfunfähig ist, hat er ja Zeit um Zeugs zu apportieren.

Und wehe es gibt keine Cola und keine Chips (die absoluten Favoriten).
Wenn man ein "ausversehen" umgestoßenes Glas auf dem Mahagonitisch oder diverses "unabsichtliches" Rumgesaue auf den Perserteppich vermeiden will, sollte man folgende Charts beachten:

Essen:

  1. Chips
  2. Erdnüsse
  3. Schokolade ALLER Art
  4. Flips
  5. Selbst gekochtes Essen (kann je nach Fertigkeit weiter oben stehen)

Trinken:

  1. Cola
  2. Cola
  3. Bier (nicht weiter oben, weil viele von uns zum Rollenspielort fahren müssen)
  4. Fanta, Sprite und andere Chemie
  5. Säfte und (notfalls) Mineralwasser

Noch etwas zu den Einrichtungsgegenständen: Natürlich hat keiner in der Gruppe einen Mahagonitisch oder einen Perserteppich, es ist aber gut sich so aufzuführen als ob es welche wären, damit die anderen wenigstens ein bißchen aufpassen.

Was mich immer noch nachdenklich macht, ist, warum man beim Rollenspiel so übermäßig viel ißt und trinkt. Es gibt da zwei Theorien:

Die erste beruht darauf, daß die Spieler von dem Abenteuer so in Anspruch genommen sind, daß sie viel Nahrung zu sich nehmen müssen, um die verbrauchte Energie zu ersetzen. So wie bei den Schachspielern, die sich zwar kaum bewegen aber nach jeder Partie total erschöpft sind, weil sie ihre "Wetware" so sehr beansprucht haben.
Auf einige Spieler ist diese Theorie natürlich nicht anwendbar. Hier ist folgende Volksweisheit anzuwenden: In eine hohle Birne kann man viel reinschütten.

Die zweite Theorie besagt, daß die Spieler aus Langeweile essen. Das kann man folgendermaßen vergleichen: Du schaust mit deiner Freundin "Verbotene Liebe", weil das ihre Lieblingssendung ist und sie dafür auch alle Bayern–Spiele auf Premiere mit dir anguckt. Jetzt steht da neben dir ein Päckchen Erdnüsse (gesalzen und geröstet – *schmatz* ) und obwohl du dich nicht erinnern kannst auch nur eine angefaßt zu haben und "Verbotene Liebe" gerade mal eine halbe Stunde lang läuft ist die Packung leer. Und der Inhalt ist - ja genau, in DEINEM Bauch.

Soviel zu den Theorien, nun zur brutalen Realität: Wenn man gleichzeitig Meister UND Gastgeber ist, hat man die Hölle auf Erden. Dies ist ceteris paribus – es bedarf also keines Beweises. Genauso wenig wie es eines Beweises bedarf, daß Ehrfurcht einflößende Götter keinen Bierbauch und hehre Göttinnen keine Hängetitten haben (Hey, im Wörterbuch von Word 97 ist "Hängetitten" drin – Anm. d. Autors :-))

Aber zu diesem Thema nächstes Mal mehr.

Die Moral von der Geschicht: Nicht nur die Meister sind arme, bedauernswerte Wesen, sondern auch die Randgruppe der Gastgeber.


© 1999 by Holger "Twopaccer" Krüger

 

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